top of page


Woanders wäre er ein Wunder gewesen, doch in diesem unlichten Teil des Landes sahen sie ihn als böses Omen. Als sie ihn packten, schlugen sie ihn, bis sein ganzer Körper blau war. Dann nahmen sie seinen geschwollenen Körper und warfen ihn in eine nahe Grube. Ein Pastor sprach eine Predigt. Dann beerdigten sie ihn, bewarfen ihn mit nasser Erde, die schwer auf seinem Körper lag. Wer den ersten Stein setzte, lässt sich heute nicht mehr sagen, nur irgendwer legte ihn, einen Backstein, und so ging es fort, bis sie ein hässliches Haus über seinem Grab gebaut hatten, ein Haus ohne Zimmer und Fenster. Dort sollte er verrotten, dreckig und alt und faltig. Die Leute brauchten sieben Tage für den Bau des ganzen Hauses, bevor sie sich auf die Schultern klopften und lobten, während sich ein warmer Sommerregen über ihre Stadt ergoss.

4 Ansichten0 Kommentare


Wir stritten uns nahe der Haltestelle. Der Bus kam nicht. Wir warteten. Und uns fiel nicht mehr ein. So kam es zu dem Streit. Wir sahen niemanden. Nur zwei Raben bei den drei Stühlen. Das Café war verlassen. Zu dieser Stunde plaudern sie nicht. Der Beton stank. Ich hasste Dich und Du wahrscheinlich mich. Du drehtest Dich um und gingst los. Ich blieb stehen. Schaute woanders hin. Dann wieder zu Dir. Doch Du warst weg. Bei den Stühlen saßen jetzt drei Raben. Eine Weile wartete ich. Ich schwieg. Mehr konnte ich Dir nicht geben. Dann ging ich hinüber zu den Stühlen. Ich nahm Anlauf und trat zu. Ich erwischte den Raben. Er machte kein Geräusch. Er flog getroffen durch die Luft und landete auf dem warmen Beton. Seine Flügel in einem falschen Winkel. Ich schaute mich um. Niemand sah mich. Die Sonne spiegelte sich in den Hochhäusern. Ich nahm den toten Raben mit nach Hause und legte ihn auf mein Bett, wo er lange lag. Maden und Fliegen rührten an ihm. Die Hitze drückte die Luft die letzten Wochen in meine Wohnung. Du rufst nicht an.

4 Ansichten0 Kommentare

Er konnte sich nicht daran erinnern, wann es zuletzt so fürchterlich war. Sehnsucht nach festem Boden. Trittfestigkeit. Keine Planken, keine Bretter, dafür Erde und Steine und Fossilien und Würmer und Asseln und weit darunter der glühende Erdkern. So bemerkte er nur Wasser und den Wind. Die rechte Seite des Schiffs hob sich, bevor das Wasser die linke Seite anhob, ganz zärtlich, aber eben beständig, dass ihm nicht besser wurde. Er legte sich auf den Boden, der Schwindel, die Übelkeit. Er musste würgen, ein wenig Magenflüssigkeit breitete sich in seinem Mund aus. Es hatte schlimmere Momente in seinem Leben, dessen war er sich sicher. Auch wenn sie ihm gerade nicht einfielen.

Für ein Experiment der preußischen Akademie der Wissenschaften hatte jenes von den Wellen gehobene Schiff mehrere mannshohe Pendeluhren im Inneren geladen. Ein badischer Gelehrter hatte mit seiner Entdeckung für Aufsehen gesorgt, dass Pendeluhren sich gegenseitig in einen gemeinsamen Takt bringen, dass sie einen Rhythmus finden. So müsse eine universale Zeit zu finden sein, schloss der badische Gelehrte, es müssten nur genug Uhren in einem Raum sein, der sich möglichst weit entfernt von menschlichen Einflüssen jeder Art befand.

Er sah sich selbst dort liegen, diesen blassen Körper in dieser blauen Uniform, dessen Brustkorb sich hob und senkte, hob und senkte. Atmen. Atmen. Atmen. Er war nicht tot. Er sah das Heben und Senken der Brust an sich selbst, an seinem Körper, diesem stehenden Körper.

13 Ansichten0 Kommentare
bottom of page